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Golf R bestellt – China und Holland streiten über mein neues Auto

Golf R bestellt - China und Holland streiten über mein neues Auto
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Es gibt Momente im Leben, da fragt man sich: Hätte ich nicht doch besser einfach einen Gebrauchten für einen Tausender genommen?

Zum Beispiel, wenn man gerade einen nagelneuen Golf R konfigurierte, die Anzahlung leistete und schon mental die ersten Kurven genommen hatte – und dann liest: „Volkswagen drohen Produktionsstopps wegen Chip-Krise.“ Toll. Wirklich toll.



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Von der Vorfreude zur Verzweiflung in drei Schlagzeilen

◉ Montag: „Hab mir einen R bestellt! Lieferzeit: Vier Monate.“
◉ Mittwoch: „VW fehlen Chips, Produktion gefährdet.“
◉ Freitag: Starrt fassungslos auf die Bestellbestätigung.

Dabei hatte alles so schön angefangen. Die perfekte Farbe ausgesucht, die Felgen hochgeklickt und die Performance-Extras dazu. Man hatte sich schon ausgemalt, wie der Nachbar neidisch vom Balkon guckt.

Und jetzt? Jetzt guckt der Nachbar immer noch, aber aus anderen Gründen, und lacht dabei: „Ach, das ist der mit dem Auto, das nicht kommt.“

Schuld sind winzige Chips, von denen vorher kein Mensch sprach

Nexperia. Klingt wie eine Fantasy-Figur aus einem schlechten Film, ist aber ein niederländischer Chipshersteller, der gerade die gesamte Autowelt aufhält.

Diese Firma produziert nämlich die kleinen elektronischen Dinger, ohne die im modernen Auto gar nichts läuft: Batteriemanagement, Airbags, Motorsteuerung und LED-Licht. Alles braucht Nexperia-Chips. Auch der Golf R.

Man könnte meinen: „Dann nehmt doch andere Chips!“ Könnte man. Kann man aber nicht. Denn diese Standard-Halbleiter sind so speziell, dass sie kein anderer einfach ersetzt.

Es ist ein bisschen wie mit dem Ikea-Innensechskantschlüssel: Technisch simpel, aber wenn der fehlt, steht das Regal halt nicht.

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Golf R bestellt – China und Holland streiten über mein neues Auto

Geopolitischer Streit macht aus Autokäufern Nervenwracks

Und warum fehlen jetzt die Chips? Weil die Niederlande die Firma im September unter staatliche Verwaltung gestellt haben.

Der Grund: Nexperia gehört dem chinesischen Konzern Wingtech und Den Haag hatte Angst, dass zu viel Technologie nach China abfließt. Chinas Reaktion: „Ach so? Dann kriegt ihr jetzt erst mal keine Chips mehr.“

Das Problem: Viele Nexperia-Chips werden zwar in Europa produziert, aber in China verpackt und fertiggestellt. Und genau diese letzte Etappe blockiert nun alles. VW bekommt die Teile nicht direkt, sondern über Zulieferer wie Bosch.

Die bekommen sie auch nicht. Und so sitzt man da, mit seinem bestellten R, der irgendwo zwischen Bestellsystem und Realität feststeckt. Nicht einmal im Stau. Oder in der Warteschlange am Nürburgring.

Golf und Tiguan besonders betroffen – natürlich

Ausgerechnet der Golf. Das meistverkaufte Auto in Deutschland. Das Auto, das so deutsch ist, dass es praktisch auf der Flagge und in der Nationalhymne vorkommen müsste.

Und der Tiguan gleich mit. VW hat gewarnt, dass die Lagerbestände nur noch für wenige Wochen reichen. „Wenige Wochen“ klingt erst mal nach nichts, aber wenn die Lieferzeit eh schon vier Monate beträgt, wird daraus schnell „unbestimmte Zeit“.

Man stellt sich vor, wie in Wolfsburg gerade Leute in Anzügen hektisch telefonieren. „Haben Sie noch Chips?“ „Nein, Sie?“ „Gibt es welche bei Kleinanzeigen, Amazon oder Autodoc?“ „Auch nicht.“

Irgendwo sitzt bestimmt jemand und rechnet aus, ob man einen Golf auch ohne Airbag-Steuerung ausliefern kann. Spoiler: Kann man nicht.

Golf R bestellt - China und Holland streiten über mein neues Auto

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Was macht man jetzt mit der Vorfreude?

Man könnte die Bestellung stornieren. Das wäre vernünftig. Aber dann hätte der Nachbar gewonnen. Außerdem hat man schon allen vom schnellen R erzählt. Und die Schwiegermutter gefragt, ob sie mal mitfahren will. Die hat schon zugesagt. Verdammt.

Also bleibt nur: Abwarten. Und hoffen, dass sich die Niederlande und China bald einig werden. Oder dass VW heimlich irgendwo noch einen Karton, oder besser mehrere Container, voller Nexperia-Chips findet.

Oder dass jemand eine brillante Idee hat, wie man einen Golf wie früher, mit Glühbirnen und Drahtbügeln, ans Laufen kriegt. Bis dahin bleibt nur die Bestellbestätigung im E-Mail-Ordner.

Als Erinnerung daran, dass man ein Auto bestellt hat, das zwischen zwei Regierungen eingeklemmt ist. Und dass die Welt manchmal absurder ist als jede Serie, die man sich abends reinzieht.

Der Silberstreif am Horizont (vielleicht)

Immerhin: Wenn der R dann endlich kommt, hat man eine Geschichte zu erzählen. „Weißt du noch, als die Chinesen und die Niederländer sich um mein Auto gestritten haben?“

Das klingt zumindest interessanter als: „Ja, der kam pünktlich nach vier Monaten.“ Und wer weiß – vielleicht wird der Wagen dadurch ja zum Sammlerstück.

„Golf R, Baujahr 2025 (oder 2026 oder vielleicht sogar 2027), hat die Chip-Krise überlebt.“ Oder man kauft sich doch einfach einen Gebrauchten für einen Tausender…

Sierks Media / © Fotos: marioroman pictures



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